ATC-ICD
Das Projekt „ATC-ICD“ ist ein statistisches Verfahren, bei welchem in einem 1. Schritt auf Basis von Krankenhausdiagnosen, Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen und Arzneimitteln, die von den Anspruchsberechtigten in einem definierten Zeitraum um diese Ereignisse (Krankenhausaufenthalte, Arbeitsunfähigkeitsperioden) bezogenen wurden, Zuordnungswahrscheinlichkeiten zur Diagnose Diabetes mellitus errechnet werden. Im 2. Schritt werden diese Zuordnungswahrscheinlichkeiten auf die Rezeptdaten aller Personen, die Leistungen der sozialen Krankenversicherung in Anspruch genommen haben, implementiert und so die Diabetesprävalenz geschätzt. Grundlage der Berechnungen bildet die GAP-DRG 2006/2007. Die GAP-DRG (Grundlagenforschung für ambulante, personenbezogene Diagnoses related Groups) ist eine Forschungsdatenbank des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, die der Methodenentwicklung dient (Methode: ATC-ICD). Sie enthält Abrechnungsdaten aller gesetzlichen Krankenversicherungsträger sowie die Diagnosedaten von Krankenhausaufenthalten und Krankenständen der Jahre 2006 und 2007.
ExpertInnen
Diagnosenzuordnung durch ExpertInnen: Die Anzahl der DiabetikerInnen wird, angelehnt an die Methode von Chini et al, über die mit den sozialen Krankenversicherungsträgern verrechneten Verordnungen für Antidiabetika (Insuline und orale Antidiabetika) erhoben und durch jene Personen ergänzt, die einen stationären Aufenthalt mit der Haupt- oder Nebendiagnose Diabetes mellitus, aber keine medikamentöse antidiabetische Therapie hatten. Als DiabetikerInnen gelten somit alle Personen, die im Zeitraum 2006 – 2007 zumindest einmal ein Antidiabetikum erhalten und/oder einen stationären Aufenthalt mit der Diagnose Diabetes hatten. Datenquelle ist, wie bei ATC-ICD, die GAP-DRG.
ATHIS (Austrian Health Interview Survey)
In der österreichischen Gesundheitsbefragung 2006/2007 wurde eine repräsentative Stichprobe von ca. 15.000 Personen ab 15 Jahre mit Wohnort in Österreich u. a. dazu befragt, ob sie jemals Diabetes hatten und in weiteren Folge, ob sie innerhalb der letzten 12 Monate deshalb in Behandlung waren oder Medikamente erhalten hatten. Die so gewonnenen Ergebnisse wurden auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet. Hierdurch ergeben sich zwei Varianten der Methode: ATHIS_Jemals und ATHIS_Behandlung.
Ergebniszahl
Die Ergebnisse sind pro 10.000 EinwohnerInnen der Statistik Austria Wohnbevölkerung zum Stichtag 01.01.2007 angegeben.
Quellen - Daten
ATC-ICD-Daten: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, GAP-DRG Datenbank
ATHIS-Daten: Statistik Austria, ATHIS 2006/07, die im Rahmen von Dexhelpp ausgehend von der Stichprobe auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet wurden
Quellen - Literatur
1: Filzmoser P, Eisl A, Endel F: ATC -> ICD: Determination of the relability for predicting the ICD code from the ATC code.
2: Chini F, Pezzotti P, Orzella L, Borgia P, Guasticchi G. Can we use the pharmacy data to estimate the prevalence of chronic conditions? a comparison of multiple data sources. BMC Public Health. 2011; 11: 688.
3: Statistik Austria/BMG. Österreichische Gesundheitsbefragung 2006/2007. Wien 2007
ATC-ICD New Models
Im Jahr 2019 wurde im Projekt ATC-ICD New Models eine neue Methode zur Prävalenzschätzung entwickelt. Im neuen Modell wird Word2Vec, eine Methode aus dem Bereich Machine Learning, verwendet, um den einzelnen Personen Diagnosen zuzuordnen. Es wird ein „Medical Concept Embedding“ erlernt, welches die ATC- und ICD-Codes in einem mehrdimensionalen Raum so anordnet, dass ähnliche Codes nah beieinanderliegen. Als Grundlage werden „Patient Histories“ verwendet, also die abgerechneten Medikamente und Diagnosen der Patienten in chronologischer Reihenfolge, sowie Alter (in 10-Jahres-Gruppen) und Geschlecht. Codes, die häufig gemeinsam in „Patient Histories“ vorkommen, werden somit durch das Modell nah beieinander angeordnet.
Innerhalb dieses Embeddings kann eine Ähnlichkeit zwischen zwei Codes angegeben werden. Diese nimmt einen Wert zwischen -1 und 1 an. Anschließend wird für jede Person aus dieser Ähnlichkeit zu einer ICD-Gruppe ein Zugehörigkeitswert bestimmt. Für die Prävalenzschätzung werden nun für jede ICD-Gruppe die Zugehörigkeitswerte aller Personen summiert.
Referenzzahlen
E10-E14: Diabetes mellitus. Die Referenzzahl für das Jahr 2007 entstammt der österreichischen Gesundheitsbefragung 2006/2007, bei der rund 15 000 Personen ab dem 15. Lebensjahr befragt wurden. Hier gaben 5,9% der Befragten an, an Diabetes erkrankt zu sein. 85% davon gaben an, im letzten Jahr deswegen Medikamente zu sich genommen zu haben. Hochgerechnet auf die österreichische Bevölkerung ab dem 15. Lebensjahr ergibt dies rund 353 000 Personen.
Die Referenzzahl für das Jahr 2015 entstammt der österreichischen Gesundheitsbefragung 2014. Hier gaben 4,7% der 15 711 Befragten an, dass bei ihnen Diabetes mit einer ärztlichen Diagnose vorliegt. Dies ergibt hochgerechnet auf die österreichische Bevölkerung ab dem 15. Lebensjahr circa 340 000 Personen. In der Gesundheitsbefragung 2014 wurde hinsichtlich Diabetes nicht nach einer aktuellen medikamentösen Behandlung abgefragt
C00-C14: Bösartige Neubildungen der Lippe, der Mundhöhle und des Pharynx. Die Referenzzahl entstammt dem deutschen Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) im Robert Koch-Institut. Für das Jahr 2007 geben sie eine Prävalenz von 39 507 mit einer Krankheitsdauer bis zu 5 Jahre an. Für das Jahr 2015 sind es 47 410 Personen. Unter Berücksichtigung dieser Prävalenzzahlen und umgerechnet auf die österreichische Bevölkerung ergeben sich fast 4 000 Personen im Jahr 2007 und rund 5 000 Personen im Jahr 2015, die an einer bösartigen Neubildung der Lippe, Mundhöhle oder des Pharynx erkrankt sind. Die Bevölkerungszahlen für Deutschland und Österreich für das Jahr 2007 und 2015 stammen vom statistischen Bundesamt, bzw. der Statistik Austria. Ein Vergleich der Daten des ZfKD mit Daten der Statistik Austria im Jahr 2016 zeigt jedoch, dass das ZfKD tendenziell höhere Krebsraten angibt: 5,68 Personen pro 10 000 (ZfKD) und 4,06 Personen pro 10 000 (Statistik Austria). Zu beachten ist außerdem, dass hier alle Personen berücksichtigt sind, die in den letzten 5 Jahren eine Krebsdiagnose erhalten haben. In den Modellergebnissen können jedoch nur die Personen ermittelt werden, die im untersuchten Zeitraum wegen Krebs behandelt wurden.
C50-C50: Bösartige Neubildung der Brustdrüse [Mamma]. Die Referenzzahl entstammt dem deutschen Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) im Robert Koch-Institut. Für das Jahr 2007 geben sie eine Prävalenz von 281 101 mit einer Krankheitsdauer bis zu 5 Jahre an. Für das Jahr 2015 sind es 319 639 Personen. Unter Berücksichtigung dieser Prävalenzzahlen und umgerechnet auf die österreichische Bevölkerung ergeben sich rund 28 400 Personen im Jahr 2007 und 33 800 Personen im Jahr 2015, die an einer bösartigen Neubildung der Brustdrüse erkrankt sind. Die Bevölkerungszahlen für Deutschland und Österreich für das Jahr 2007 und 2015 stammen vom statistischen Bundesamt, bzw. der Statistik Austria. Ein Vergleich der Daten des ZfKD mit Daten der Statistik Austria im Jahr 2016 zeigt jedoch, dass das ZfKD tendenziell höhere Krebsraten angibt: 38,31 Personen pro 10 000 (ZfKD) und 27,34 Personen pro 10 000 (Statistik Austria). Zu beachten ist außerdem, dass hier alle Personen berücksichtigt sind, die in den letzten 5 Jahren eine Krebsdiagnose erhalten haben. In den Modellergebnissen können jedoch nur die Personen ermittelt werden, die im untersuchten Zeitraum wegen Krebs behandelt wurden.
I10-I15: Hypertonie [Hochdruckkrankheit]. Die Referenzzahl für das Jahr 2007 entstammt der österreichischen Gesundheitsbefragung 2006/2007. Hochgerechnet auf die österreichische Bevölkerung ab dem 15. Lebensjahr gaben 1 488 800 Personen an, an Bluthochdruck zu leiden. 83,5% davon gaben an, im letzten Jahr deswegen Medikamente zu sich genommen zu haben. Dies ergibt 1 243 000 Personen in der österreichischen Bevölkerung ab dem 15. Lebensjahr.
Die Referenzzahl für das Jahr 2015 entstammt der österreichischen Gesundheitsbefragung 2014. Hier gaben 21,1% der Befragten an, dass sie in den letzten 12 Monaten unter Bluthochdruck gelitten haben. Hochgerechnet auf die österreichische Bevölkerung ab dem 15. Lebensjahr ergibt dies rund 1 526 700 Personen. In der Gesundheitsbefragung 2014 wurde bei Bluthochdruck weder das Vorliegen einer ärztlichen Diagnose oder einer aktuellen Behandlung abgefragt.