Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich 2020 das Ziel der Elimination von Gebärmutterhalskrebs gesetzt. Dazu sollen bis 2030 weltweit 90% aller Mädchen bis zum Alter von 15 Jahren gegen Humane Papillomaviren (HPV) geimpft sein. Um den Fortschritt auf dem Weg zu diesem Ziel überprüfen zu können, hat das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMGSPK) den Dexhelpp-Partner TU Wien damit beauftragt eine modellbasierte Analyse der Durchimpfungsrate durchzuführen. Der Bericht dieser Analyse wurde nun vom BMGSPK veröffentlicht und kann auf dessen Webseite heruntergeladen werden.
Es wird geschätzt, dass sich zumindest 80% aller Personen im Laufe ihres Lebens mit HPV infizieren. Von den rund 200 bekannten Subtypen sind etwa 14 onkogen und stellen die Hauptursache für Krebsvorstufen und Krebserkrankungen des Gebärmutterhalses, der Vagina und des Anus dar. Außerdem wird HPV vermehrt mit Krebserkrankungen im Kopf- und Nackenbereich in Verbindung gesetzt. Daher stellt, entgegen früheren Annahmen, eine Infektion auch für Männer ein bedeutendes Gesundheitsrisiko dar.
Aus diesem Grund ist in Österreich die Impfung nicht nur für Frauen, sondern für alle Personen zwischen 9 und 30 Jahren empfohlen. Bis zum vollendeten 21. Lebensjahr sind zwei Impfdosen erforderlich, ältere Personen benötigen noch eine zusätzliche dritte Impfung. Weitere Informationen zur Erkrankung, Epidemiologie und Bedeutung von HPV, sowie dem kostenfreien Impfprogramm befinden sich im „Impfplan Österreich“ des BMGSPK.
Zur Berechnung der Durchimpfungsrate war es notwendig Gesundheitsdaten der öffentlichen Hand (Zahl der eingekauften und dokumentierten Impfungen im Rahmen des kostenfreien Impfprogramms) sowie Daten einer Pharmafirma (Verkaufszahlen des Impfstoffherstellers MSD) zusammenzuführen. Diese sensible Zusammenführung wurde, dank der jahrelangen Erfahrung im transparenten, aber sicheren Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten im Rahmen von Dexhelpp, ermöglicht.
Die vorliegenden Ergebnisse wurden mit Daten bis zum Jahr 2021 berechnet. Es ist geplant, die aktuellen Durchimpfungsraten in Zukunft jährlich zu evaluieren, wie das auch bereits in den Projekten zur Berechnung der Durchimpfungsraten von MMR- und Polioimpfungen der Fall ist.
Bei den 14-jährigen haben laut Modell im Jahr 2021 rund 53% der Kinder bereits beide Impfungen erhalten. Bei der ersten Dosis liegt die Durchimpfungsrate bei 56%. Insgesamt sind lt. Modellrechnung noch mehr als 37.000 der aktuell 14-Jährigen (von ca. 84.000) ungeimpft. Zudem fällt auf, dass die Durchimpfungsraten in den Jahren 2020 und 2021 insbesondere bei den 9- und 10-Jährigen niedriger waren als in der entsprechenden Altersklasse in den Jahren davor. Hier ist es wichtig zu beobachten, ob es sich um eine generelle Senkung der Impfbereitschaft handelt, oder ob es aufgrund der pandemiebedingten Schulschließungen zu einem eingeschränkten Zugang zu den kostenfreien Impfungen kam. Insbesondere im Jahr 2020 wurden signifikant weniger Impfungen im Rahmen des kostenfreien Impfprogramms dokumentiert als in den Jahren davor. Hier sollte drauf geachtet werden, dass diese Kinder ihre Impfungen in den nächsten Jahren nachholen und sich keine Impflücke auftut. Weitere Ergebnisse zu anderen Altersgruppen befinden sich im Bericht des BMGSPK.
In Österreich wird die Impfung im Rahmen des kostenfreien Impfprogramms an alle Geschlechter verabreicht (und auch empfohlen). Es liegen aber aktuell keine Daten vor, wie die Geschlechterverteilung unter den fast 45.000 14-jährigen ist, die bereits komplett geimpft sind. Auch bei den Verkaufszahlen finden sich keine geschlechterspezifischen Informationen. Es ist daher momentan nicht möglich zu evaluieren, wie nahe Österreich dem von der WHO gesteckten Ziel der 90%igen-Durchimpfungsrate bei den 14-jährigen Frauen ist. Da die berechneten Durchimpfungsraten nicht vergleichbar ist mit Ländern, die diese nur für Frauen (und nicht die Gesamtpopulation) ausweisen. Da die HPV-Impfung nach wie vor sehr oft nur in Zusammenhang mit Gebärmutterhalskrebs erwähnt wird, ist zwar anzunehmen, dass weitaus mehr junge Frauen als junge Männer geimpft sind, dies ist aber auf Grund der Daten nicht zu belegen. Insofern ist im Weiteren zumindest eine Unterscheidung nach Geschlecht in der Datenerfassung zu empfehlen.
Im aktuellen Forschungsprojekt wurde für die Berechnung der Durchimpfungsrate ein bestehendesdynamisches Bevölkerungsmodell angepasst. Dank dieses Modells ist es möglich zukünftiges neues Wissen in die Berechnung mit einfließen zu lassen. So können ggf. Informationen zur Geschlechterverteilung der Impfung berücksichtigt werden oder bekannte Durchimpfungsraten anderer Länder in das Modell integriert werden, um den Impfzustand der Einwanderer besser abschätzen zu können. Auch Änderungen der Rahmenbedingungen können leicht umgesetzt werden. Zum Beispiel die Erhöhung der Altersgrenze des 2-Dosenschemas von 15 Jahren auf 18 Jahre (im Jahr 2022) und danach auf 21 Jahre (im Jahr 2023); oder die Einführung der kostenfreien Impfung bis zum 21. Lebensjahr (ab Februar 2023).
Zu beachten ist, dass in diesem Projekt derzeit noch keine Aussage über den Schutz vor Gebärmutterhalskrebs oder einer anderen durch HPV verursachten Krebsart getroffen wird, also keine Impfwirksamkeit bzw. keine HPV-Typen Abdeckung berücksichtigt wird. Für eine solche Aussage müssen noch zusätzlich Informationen zum Impfschutz herangezogen werden und die unterschiedlichen HPV-Typen, die nur zu einem Teil durch die Impfung abgedeckt sind, betrachtet werden, was dank des verwendeten Modells ebenfalls möglich ist.
Externer Link zum Kurzbericht Durchimpfungsraten Humane Papillomaviren (HPV) auf der Seite des BMGSPK.